Wenn der Mond die Flügel entfaltet

Eine beruhigende und emotionale Gute-Nacht-Geschichte für Erwachsene

Ein Ort zwischen Zeit und Träumen

In einem kleinen, alten Städtchen, eingebettet zwischen sanften Hügeln und stillen Wäldern, lebte Lina.
Sie arbeitete in einem Antiquariat, wo der Duft alter Bücher und Geschichten in der Luft lag.
Jeden Abend kehrte sie nach Hause zurück – in ihre kleine Dachwohnung, wo die Fenster im Wind knarrten und die Sterne über den Dächern flimmerten.

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Doch an diesem Abend fühlte sie eine seltsame Sehnsucht.
Etwas in ihr zog sie hinaus – nicht auf die Straßen, sondern in eine unsichtbare Welt, die nur im Traum zu finden ist.

Der Ruf des Mondes

Als Lina sich mit einer Tasse Tee auf ihren Balkon setzte, schien der Mond heller als sonst.
Er hing groß und ruhig am Himmel, wie ein Versprechen.
„Heute lasse ich los“, flüsterte sie.

Sie legte sich ins Bett, zog die Decke bis zur Brust und schloss die Augen.
Doch statt in Schlaf zu sinken, öffnete sich in ihr ein anderer Raum – ein leuchtender Wald, erfüllt von Nebel und Licht.

Der geheimnisvolle Wald

Lina ging barfuß über einen moosbedeckten Pfad.
Das Licht des Mondes tanzte auf den Blättern, als wüssten die Bäume, dass sie beobachtet wurden.
Jeder Schritt war federleicht.
Und mitten auf einer kleinen Lichtung stand eine steinerne Bank – auf der eine helle Gestalt saß.

Begegnung mit der Gestalt des Lichts

„Wer bist du?“ fragte Lina leise.

„Ich bin das, was du suchst“, antwortete die Gestalt mit sanfter Stimme.
„Nicht etwas Neues – sondern etwas, das du schon immer warst.“

Lina fühlte, dass sie diesen Ort kannte.
Es war nicht der erste Traum dieser Art – nur der erste, den sie bewusst betrat.

Das Erwachen der Flügel

Die Gestalt erhob sich und reichte Lina die Hand.
„Komm mit – nicht hinaus, sondern hinein.“

Im selben Moment begannen kleine Lichtpunkte zu tanzen – Glühwürmchen oder vielleicht Sterne, die sich verirrt hatten.
Sie schwebten um Lina herum, leuchteten im Takt eines unsichtbaren Liedes.

„Dieses Lied“, sagte die Gestalt, „ist das Lied deiner Seele. Du hast es nur vergessen zu hören.“

Ein warmer Wind streifte sie.
Lina fühlte plötzlich ein Ziehen im Rücken – sanft, aber kraftvoll.
Dann sah sie sie: Flügel.
Zart wie Nebel, leicht wie Licht.

Fliegen im Mondlicht

Der Wald wurde kleiner unter ihr.
Die Baumkronen glitzerten im Mondschein, und der Himmel öffnete sich.
Sie schwebte über die Landschaft, frei von Gewicht und Gedanken.

Unter ihr lag ein See, glatt wie Glas.
Darin spiegelte sich der Mond – und Linas Gesicht.

Sie sah viele Versionen von sich selbst:
das Kind, das träumte, die Erwachsene, die suchte, und die Seele, die nun gefunden hatte.

Die Botschaft des Spiegels

Die helle Gestalt sprach:
„Erkenne dich selbst. Nicht nur, was du warst – sondern was du bist und sein darfst.“

Ein Tropfen fiel in den See.
Die Ringe breiteten sich aus, bis sie das ganze Wasser berührten – und dann wurde die Oberfläche wieder still.

Lina verstand:
Das Leben ist Bewegung, aber auch Ruhe.
Verlust, aber auch Rückkehr.

Der Lavendel der Erinnerung

Als sie die Gestalt ansah, war sie verschwunden – lautlos, wie ein Gedanke, der erfüllt ist.
Nur ein Duft blieb in der Luft: Lavendel und Nacht.

Lina fühlte sich leicht.
Sie sank sanft hinab, die Flügel falteten sich, und die Welt wurde wieder zu ihrem Zimmer.
Der Mond schien durchs Fenster, der Tee war kalt – aber auf dem Tisch lag ein kleiner Zweig Lavendel.

Sie lächelte.

Ein neuer Morgen

Am nächsten Tag ging Lina anders durch die Straßen.
Sie lächelte häufiger, atmete tiefer, und wenn sie den Wind hörte, lauschte sie.

Im Antiquariat streichelte sie die Buchrücken mit neuen Augen.
Jedes Buch war eine Tür, jedes Wort eine Feder.
Und in jedem Moment lag die Möglichkeit zu fliegen.

Wenn die Nacht wieder ruft

Abends setzte sie sich auf den Balkon, blickte zum Mond und flüsterte:
„Danke, dass du mich gerufen hast.“

Sie schloss die Augen.
Der Wind spielte mit ihrem Haar, und irgendwo im Inneren hörte sie wieder das Lied –
leise, vertraut, wie ein Herzschlag aus Licht.Schlussgedanke: Der Traum bleibt

In jener Nacht schlief Lina friedlich ein.
Keine Sorgen, keine Eile, nur Stille.
Im Traum ruhte sie auf einem Feld aus Licht, und der Mond breitete seine Flügel über sie aus.

Wenn du nun selbst die Augen schließt, kannst du es vielleicht spüren:
den sanften Atem der Nacht, das Rascheln der Blätter,
und den Hauch eines Flügels, der dich erinnert –
dass du nie ganz gefallen.

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